Über den Einstieg in die Unternehmensberatung und die Entscheidung für ein Boutique-Haus und gegen die großen Beratungskonzerne

11/03/2022

Über den Einstieg in die Unternehmensberatung und die Entscheidung für ein Boutique-Haus und gegen die großen Beratungskonzerne

Im Rahmen von Recruiting-Events erläutern wir immer wieder die Vorteile von der Arbeit in einer Boutique Unternehmensberatung im Vergleich zu einer Tätigkeit bei einer der großen Unternehmensberatungen. Für ein Buchprojekt kam Prof. Dr. Thomas Deelmann (thomas.deelmann@hspv.nrw.de; Twitter: @Ueber_Beratung) von der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung Nordrhein-Westfalens auf uns zu, der auf der Suche nach jungen Unternehmensberater:innen war, die zu dieser Fragestellung Stellung nehmen wollten.

 

Folgendes Interview mit Lea Mühlenschulte wurde im Oktober 2020 in „Consulting – Ein Lehr-, Lern- und Lesebuch zur Unternehmensberatung“ (Prof. Dr. Thomas Deelmann & Prof Dr. Andreas Krämer, Erich Schmidt Verlag GmbH & Co. KG, siehe https://esv.info/978-3-503-19516-9) auf S. 70 – 72 veröffentlicht.

Sie sind ja noch recht frisch im Beratungsgeschäft. Daher zunächst eine Doppelfrage: Warum haben Sie sich für das Consulting entschieden und warum für ein eher kleineres Haus [und nicht z.B. für Accenture oder die Berater bei den Big4]?

Mein Studiengang im Völkerrecht und Sicherheitspolitik ist eigentlich nicht prädestiniert dafür, in die Beratung zu wechseln, dennoch habe ich mich noch vor Studienabschluss dazu entschieden, um meine Fähigkeiten im Projektmanagement sowie Verhandlungsführung weiter zu verbessern. Die Arbeit im Consulting gibt mir die Möglichkeit, meine juristischen und linguistischen – ich bin trilingual – Fähigkeiten sowie meine Vorlieben für strukturiertes Arbeiten und wechselnde, spannende Aufgaben vollumfänglich einzusetzen. Die Wahl eines kleineren Beratungshauses hat sich dadurch bedingt, dass sich mir bessere individuelle Entfaltungs- und Entwicklungsmöglichkeiten bieten, denn ich kann aktiv mitbestimmen, wie ich meine Projekte weiter entwickeln möchte. Bei meinem Unternehmen ist man nicht „einer von vielen“, sondern hat aktiv die Chance die Zukunft der Firma mitzugestalten und mitzubestimmen. Da ich viel Zeit im Skandinavien verbracht habe, war mir auch eine flache Hierarchie und eine solide Work-Life-Balance bei meiner Arbeitgeberwahl sehr wichtig.

Würden Sie uns beschreiben, wie Ihre ersten Tage oder Wochen aussahen? Wie gestaltet sich so ein Einstieg ganz konkret?

In den ersten Tagen habe ich mich viel in die unterschiedlichen Themenbereiche unseres Unternehmens eingelesen und auch konkrete 1:1 Schulungen durch meine Kollegen erhalten. Bereits nach vier Wochen war ich auf meinem ersten Projekteinsatz im öffentlichen Sektor, wo ich ein konkretes Projekt von Anfang bis Ende begleiten durfte. Am Anfang ist dieses direkte „Hands On“ natürlich etwas angsteinflößend, aber durch die direkte Mitarbeit, die Möglichkeit sich etwas von den erfahrenen Kollegen „abzuschauen“ und den Kontakt mit den Kunden konnte ich mein bis dahin theoretisches Wissen sehr schnell vertiefen und anwenden. Außerdem ist das direkte Feedback durch den Kunden auch eine tolle Chance, um sich weiterzuentwickeln. Allgemein versuchen wir bei Complion neue – junge – Mitarbeiter direkt ins Tagesgeschäft zu integrieren, da wir daran glauben, dass „Hands On“ Erfahrung die beste ist.

Gab es Überraschungen, war also etwas im „richtigen Beraterleben“ anders, als Sie es sich im Vorfeld vorgestellt haben?

Am Anfang hatte ich erwartet, dass ich von nun an mein Leben in Hotelzimmern verbringen würde und viele Stunden täglich für die Kunden arbeiten müsste. Mein Unternehmen achtet aber sehr auf die persönliche Work-Life-Balance des Mitarbeiters und wir haben sehr oft die Möglichkeit, aus dem Home Office zu arbeiten und uns unsere Arbeit selber einzuteilen. Natürlich sind auch lange Arbeitstage notwendig, wenn zum Beispiel das Projekt kurz vor dem Abschluss steht, aber es wird immer auf einen (späteren) Ausgleich geachtet. Darüber hinaus besteht ein ständiger Austausch zwischen den Mitarbeitern, sodass sichergestellt ist, dass auch bei längerem Projekteinsatz oder Arbeiten im Home Office man immer auf dem neusten Stand ist. Außerdem versuchen wir auch uns alle zwei Monate alle in einem unserer Büros zu treffen, um den persönlichen Austausch zu ermöglichen.

Gibt es etwas, das Sie anderen Beratungsinteressierten als Tipp mitgeben könnten? [Z.B. mit Blick auf Vorbereitung (Vorlesungen, Praktika, …), Bewerbung oder die Einstiegsphase]

Persönlich denke ich, dass es sinnvoll ist, für ein kleines Beratungshaus zu arbeiten, da dort der individuelle Mitarbeiter stärker gefördert werden kann und man die Möglichkeit zum direkten Kontakt mit vielen erfahrenen Kollegen erhält. Meiner Meinung nach entsteht der fundierteste Wissenstransfer durch den persönlichen Austausch, bei einem engen Verhältnis zwischen den Kollegen. Außerdem kann es gegeben falls sinnvoll sein, sich eine Nische zu suchen und dort in die Beratung einzusteigen, denn nicht jeder muss am Ende Management Consulting machen.

Über diese Themen hinausgehend: Welche Trends sehen Sie persönlich im Beratermarkt?

In der Realität ist es im Moment noch häufig so, dass lange Arbeitstage von den Beratern gefordert werden; dies wird sich meiner Meinung nach in der Zukunft ändern, da für meine Generation eine ausgeglichene Arbeits- und Freizeitgestaltung sehr wichtig ist. Darüber hinaus sehe ich den Trend zu kleineren, individuelleren und spezialisierten Beratungshäusern – wie auch mein Unternehmen eines ist. Bei unseren Kunden treffe ich immer häufiger auf kleine Unternehmen, welche die großen Consultingfirmen verdrängen.

Personenbeschreibung

Lea Mühleschulte, geboren Mitte der 90er in Nordrhein-Westfalen, hat ihr Studium in Dänemark absolviert und ihre Masterarbeit über die legale Grundlage der Rohstoffförderung in der Arktis geschrieben. Direkt nach ihren Masterabschluss in International Security and Law hat sie angefangen, für die Complion zu arbeiten, und bringt dort ihr juristisches Fachwissen in den Bereichen Cyber Security und Vertragsmanagement sowie Datenschutz ein.

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