Lizenzmanagement für Spezialsoftware – eine notwendige Erweiterung?

10/11/2022

Lizenzmanagement für Spezialsoftware – eine notwendige Erweiterung?

Der Fokus des klassischen Lizenzmanagement beschränkt sich meist auf wenige Softwarehersteller. Spezialanwendungen bieten hohe Potentiale, werden jedoch häufig außer Acht gelassen.

Der klassische Scope des Lizenzmanagements

Der Scope des Lizenzmanagements ist häufig sehr begrenzt. Die Vielfalt der Softwarehersteller, die im Fokus des Lizenzmanagements stehen, nimmt mit steigender Größe des Unternehmens tendenziell ab. Bei den wenigen, verbleibenden Produkten handelt es sich dabei meist um Software, die von allen Mitarbeitenden des Unternehmens eingesetzt, oder im Hintergrund weitflächig benötigt wird. Dazu gehören klassischerweise Anwendungen für einen üblichen Büroarbeitsplatz (Office-, und Kommunikationssoftware), Software zur Bereitstellung der IT-Infrastruktur, oder sonstige, abteilungsübergreifende Administrationssoftware.

Lizenzmanagement schließt alle Bereiche eines Unternehmens ein

Software-Lizenzmanagement umfasst alle  Prozesse, die in Unternehmen den legalen und effizienten Umgang mit jeglicher eingesetzter Software absichert. Lizenzmanagement nimmt hierbei auf alle Bereiche des Unternehmens Einfluss, von der Beschaffung, über jeden PC-Arbeitsplatz, bis hin zum Management.

Regel Nummer eins – Erarbeiten von rechtlichen Risiken und Einsparpotential

In der Fachliteratur „1x1 Des Lizenzmanagements“ (T.Groll, Hanser), erwähnt Thorsten Groll zehn wichtige Regeln des Lizenzmanagements. Die Regel Nummer eins, „Erarbeiten Sie rechtliche Risiken und mögliche Einsparpotentiale“, gibt keine Hinweise auf den Geltungsbereich der zu berücksichtigenden Softwarehersteller. Ebenso wenige Anhaltspunkte, die zu einer Festlegung des Scope beitragen, liefern die Regeln zwei bis zehn oder weitere Inhalte des Buches. Natürlich werden die namhaften Hersteller zur Veranschaulichung herangezogen und es ist wenig verwunderlich, dass es sich dabei immer wieder um Microsoft, IBM und Oracle (und ein paar weitere) handelt. Doch das sind nicht die Einzigen mit rechtlichen Risiken und möglichen Einsparpotentialen.

Festlegung des Scope

Eine der zentralen Fragen des Lizenzmanagements beschäftigt sich jedoch mit der Festsetzung des Scope. Was ist „in Scope“, was ist „out of Scope“? Da es keine Musterlösung gibt, ist eine initiale Bewertung unter folgenden Aspekten denkbar:

  1. Auditrisko
  2. Anzahl der Installationen oder Anzahl benötigter Lizenzen
  3. Höhe der jährlichen Aufwendungen

Eine qualifizierte Bewertung unter Berücksichtigung dieser Kriterien, kann zu einer Eingrenzung des Scope ausreichen. In technisch gut ausgestatteten Unternehmen (z.B. mit SAM-Tools) ist man in der Lage, mögliche Einsparpotentiale, manchmal auch Risiken, relativ schnell zu identifizieren. Branchenunabhängig sind meist mehrere tausend Softwareprodukte im Einsatz. Umso auffälliger ist der in vielen Unternehmen nahezu identische Scope.

Spezialsoftware ist meist out of Scope

Exoten sind kein Teil der Lizenzmanagement-Community. Haben die Produkte dieser Hersteller keine Bedeutung? Geht von Ihnen kein Auditrisiko aus, oder kann man sie auf Grund der geringen Kosten vernachlässigen?

Softwarehersteller wie Dassault Systèmes haben auch Compliance & Piracy Abteilungen. Ein Verstoß gegen die Nutzungsbedingungen kann bei Produkten dieses Herstellers, bereits bei einem betroffenen Gerät, zu Forderungen für Nachlizenzierungen in sechsstelligem Euro-Bereich führen. Obwohl derartige Spezialsoftware meist nicht von allen Mitarbeitenden eingesetzt wird, kann somit eine geringe Anzahl an Installationen nicht ausreichen, um Produkte aus dem Scope auszuschließen.

Vor allem in technologie-, und entwicklungsorientierten Unternehmen sind die Aufwendungen für Engineering Software höher als die der bekannten Hersteller von Office-, und Infrastruktursoftware. Die Verantwortung zur Verwaltung dieser Spezialsoftware wird in die Fachabteilungen delegiert, genauer gesagt bleibt sie dort. Daran wagen sich Lizenzmanagement-Verantwortliche oft nicht. Es scheint viel zu komplex, oder gehört nicht zum Projektauftrag. Dazu kommt, dass die meist wertschöpfenden Fachabteilungen das auch gar nicht wollen. Für monatelange Verhandlungen haben sie keine Zeit; viel zu hoch ist der Druck im Tagesgeschäft. Verfügbarkeit hat Prio Eins.

Lizenzmanagement kann auch für Spezialsoftware von Bedeutung sein

Doch wie wäre es, wenn das Lizenzmanagement die wertschöpfenden Abteilungen dabei unterstützt, die Softwarekosten zu senken? Wäre das nicht im Interesse der Fachabteilungen?

Einsparungen von 15-30% sind auch hier möglich – und manchmal auch mehr. Warum sollte es denn anders als bei den Produkten sein, über die wir uns in der Lizenzmanagement-Community fast ausschließlich unterhalten? Für mich ist es klar: Lizenzmanager:innen können signifikant zur Steigerung von Compliance und Effizienz beim Einsatz von Spezialsoftware beitragen.

Wie ist es denn bei Ihnen? Gehört Spezialsoftware auch bei Ihnen zum Scope des Lizenzmanagements?

Verfasser: Volker Albrich