Die Bedeutung von IT Lizenz- & Vertrags-management bei M&A-Aktivitäten

03/11/2023

Die Bedeutung von IT Lizenz- & Vertrags-management bei M&A-Aktivitäten

Die Gerüchteküche brodelt seit Monaten und die M&A-Abteilung arbeitet unter Hochdruck. Es wird viel darüber spekuliert, was auf das Unternehmen zukommt. Doch verlässliche Informationen lassen auf sich warten, bis am Ende die offizielle Mitteilung kommt: Wir haben einen Unternehmensteil veräußert, ausgegliedert oder wir haben einen neuen Unternehmensteil akquiriert. Doch was bedeuten solche Neuigkeiten für das IT-Lizenz- und Vertragsmanagement? Im Zuge von M&A-Aktivitäten kommen in kurzer Zeit große Aufgaben und Herausforderungen auf das IT-Lizenz- und Vertragsmanagement zu. Mit der offiziellen Bekanntgabe kann das Spiel nun also beginnen.

Die vertraglichen Regelungen bei M&A-Deals sowie mit SW-Herstellern sind entscheidend

Bei M&A-Deals werden während der Verhandlungen viele Vereinbarungen getroffen, um einen möglichst reibungslosen Übergang zu gewährleisten. Idealerweise wird auch die IT-Abteilung inklusive des Lizenz- und Vertragsmanagements bereits während der Vertragsverhandlungen für den Unternehmenskaufvertrag einbezogen. Jedoch stehen IT-Lizenzen und -Verträge dabei nicht im Fokus, sodass Fragen rund um IT-Lizenzen und -Verträge oftmals erst kurz vor Vertragsabschluss oder erst nach der Vertragsunterzeichnung aufkommen. Daher ist oftmals nicht vollständig geklärt, ob und auf welche Weise IT-Lizenzen und Verträge ebenfalls übertragen werden. Wichtig sind hierbei neben den Regelungen zwischen den Parteien des M&A-Deals auch die vertraglichen Vereinbarungen mit den Software-Herstellern.

Nicht alle Nutzungsbedingungen von SW-Herstellern sehen eine Übertragung von Nutzungsrechten und Verträgen vor oder haben eindeutige Regelungen, wie Lizenzen aufgespalten werden können. Entscheidend sind dabei häufig die Unternehmensanteile, da gemäß der Nutzungsbedingungen in der Regel nur Tochtergesellschaften mit einer Beteiligung der Muttergesellschaft von mehr als 50% berechtigt sind Lizenzen aus Konzernverträgen zu nutzen. Es ist jedoch auch möglich über Zusatzvereinbarungen von dieser Regelung abzuweichen oder bereits vorab entsprechende Carve-Out Klauseln zu vereinbaren. Besonders Unternehmen, die im Bereich M&A sehr aktiv sind, stellen gerne vorab sicher, dass vertragliche Regelungen getroffen und Ihre Interessen berücksichtigt werden.

Somit soll gewährleistet werden, wie im Rahmen von M&A-Aktivitäten mit IT-Lizenzen und -Verträgen umgegangen wird und, ob und wie lange abgespaltene Unternehmensteile berechtigt sind IT-Lizenzen des bisherigen Unternehmens zu nutzen. Dann kann bei M&A-Deals durch ein sogenanntes Transitional Service Agreement (TSA) vereinbart werden, in welchem Umfang noch IT-Leistungen für einen abgespaltenen Unternehmensteil erbracht werden. Hierbei sollte auch das Transfer-Pricing basierend auf dem Wert der bestehenden Lizenzen geregelt sein.

Timing ist das A und O – insbesondere bei M&A-Deals

Nicht nur bei der finanziellen Abwicklung des Deals ist das Timing von Bedeutung. Auch im Lizenz- und Vertragsmanagement müssen Vertragslaufzeiten, Zeiträume für TSA-Regelungen und ausreichende Zeiträume zur Abwicklung von Lizenz- und Vertragstransfers berücksichtigt werden. Durch eine Ausgliederung oder einen Zukauf können sich die Vertragsvolumina signifikant verändern und somit Auswirkungen auf die Preise haben. Sollten sich also bei einer Ausgliederung das Vertragsvolumen zukünftig stark verringern, liegt das Vertragsende bestenfalls in ferner Zukunft. Auf diese Weise kann man noch über einen längeren Zeitraum von den günstigeren Konditionen profitieren und sich gezielt auf die nächsten Vertragsverhandlungen vorbereiten.

Ist allerdings bei einer Ausgliederung oder Abstoßung kein Lizenztransfer für sämtliche oder auch nur einzelne Hersteller vorgesehen, kann auch dies erhebliche Herausforderungen mit sich bringen. Dann muss das Unternehmen unter Umständen für eine große Menge an Lizenzen zahlen, die nicht mehr genutzt werden und eine Anpassung ist erst bei der nächsten Vertragsverlängerung möglich. In solchen Fällen kann ein möglichst bald anstehendes Vertragsende von Vorteil sein. Daher sollte man die Vertragslaufzeiten bei M&A-Deals zwingend im Blick haben oder bei Bedarf eine Vertragsanpassung oder eine vorzeitige Verlängerung mit einem Hersteller vereinbaren. Damit keine Strafzahlungen oder hohe Preise mit einer solchen Anpassung einhergehen, sollte man sich eine Strategie zurechtlegen, wie man beispielsweise durch einen Wechsel in die Cloud oder Produktanpassungen zukünftig trotzdem attraktive Konditionen realisieren kann.

Daher ist ein Vertrags- und Lizenztransfer nicht immer von einer oder sogar beiden Parteien gewünscht und sollte möglichst vorab geregelt werden. Aber nicht nur Strafzahlungen und rückläufige Vertragsvolumina können abschrecken, auch die Kompatibilität mit dem bestehenden Standardportfolio und der mit dem Transfer verbundene Aufwand sind relevante Faktoren.

Die Realisierung von Lizenztransfers ist manchmal schwieriger als gedacht

Selbst wenn eine Einigung im Rahmen des M&A-Deals über Lizenz- und Vertragstransfers gefunden wurde und auch die vertraglichen Regelungen mit den SW-Herstellern klar sind, gibt es immer wieder Stolpersteine bei der Umsetzung. Die sorgfältige Dokumentation der Verträge und Lizenzen sind dabei einer der Schlüssel zum Erfolg. Wenn Transparenz darüber herrscht, welche Verträge und Lizenzen von Relevanz und den Usern im betroffenen Unternehmensteil zugeordnet sind, ist schon viel erreicht. Dabei sind nicht nur aktuelle Verträge und Subscriptions zu berücksichtigen, sondern auch langjährige Vereinbarungen in früheren Verträgen sowie alte Basislizenzen. Doch die Erfahrung zeigt, dass die Transparenz über Daten oftmals nur in eingeschränktem Maße vorhanden ist, sodass mit der Abspaltung in vielen Fällen erhebliche Mehraufwände zur Nachbesserung der Daten sowie der Dokumentation von Lizenz- und Vertragstransfers verbunden sind.

Darüber hinaus können nicht alle Lizenzen eindeutig bestimmten Usern zugewiesen werden. Besonders bei Unternehmenslizenzen kann ein Lizenztransfer problematisch werden. So kann eine Unternehmenslizenz zum Teil gar nicht aufgespalten und somit übertragen werden oder die Lizenz kann an bestimmte Volumina gebunden sein. Damit sind sowohl der abgespaltene Unternehmensteil als auch die verbleibenden Unternehmensteile ggf. nicht mehr qualifiziert, um die bisherige Unternehmenslizenz zu nutzen. Unter Umständen kann dann das Volumen dementsprechend angepasst werden oder es muss eine gesonderte Vereinbarung mit dem Hersteller getroffen werden.

Doch auch auf technischer Seite gilt es Hürden zu überwinden. Nicht immer ist eine Bereinigung von Portalen der SW-Hersteller oder dem unternehmenseigenen SAM-Tool ohne Probleme möglich. Bei der Administration müssen dabei ggf. Verlinkungen von Lizenzen und Verträgen sowie zwischen Basis- und Upgrade-Lizenzen aufgelöst und vielfältige Anpassungen vorgenommen werden für die entsprechendes Know-how benötigt wird. Zudem können Mehrkosten und zusätzlicher Aufwand auftreten, wenn in der Cloud unter Umständen parallele Tenants aufgebaut werden müssen, um diese technisch trennen zu können. Wichtig ist dabei auch sicherzustellen, dass keine Nachteile durch potenziell nicht erfüllte Commitments z.B. für die Cloud-Consumption entstehen, wenn ein großer Teil des Volumens durch den abgestoßenen Unternehmensteil abgedeckt wird.

Transparenz und Vorbereitung sind der Schlüssel zum Erfolg

Abschließend lässt sich sagen, dass Transparenz über bestehende Verträge und Lizenzen sowie eine sorgfältige Vorbereitung von M&A-Deals von erheblicher Bedeutung sind.

M&A-Transaktionen unterliegen oftmals einem engen Zeitrahmen sowie hoher Komplexität und stellen das IT-Lizenz und Vertragsmanagement vor große Herausforderungen. Wie im Schachspiel ist die Strategie daher entscheidend. Die frühzeitige Vorbereitung bei der Abgrenzung des Betrachtungsumfangs wie auch bei der Erhebung der Daten und Anforderungen ist essenziell, um Ressourcenengpässe, Risiken und Verzögerungen zu vermeiden. Durch die Komplexität der IT-Vertragslandschaft und bestehender Nutzungsbedingungen ist andernfalls eine zeitgerechte Abwicklung gefährdet.

Daher sollte im Zuge von M&A-Transaktionen eine frühzeitige Einbindung des IT-Lizenz und Vertragsmanagement angestrebt werden. Im Nachgang ist darüber hinaus sicherzustellen, dass nach der Abwicklung von Lizenz- und Vertragstransfers alle Daten, Tools und Portale aktualisiert werden und die Aufräumarbeiten nicht auf die lange Bank geschoben werden.

 

Verfasserin: Jessica Loi Müller